Abends gegen 9:00 Uhr fuhr der letzte Zug in Rothenkirchen ab und sollte die Ausflügler, unter ihnen ein Gesangsverein aus Planitz mit 70-80 Teilnehmern in die Heimat zurückbringen. Der Lokomotivführer hate in Schönheide so einen über den Durst getrunken, daß er seine Berufspflicht nicht erfüllen konnte und verspätet abfuhr. Um die Verspätung aufzuholen, ließ er den Zug in rasender Geschwindigkeit talabwärts fahren. In Rothenkirchen sammelten sich die Passagiere um die Maschine und beschwerten sich über sein unvorschriftsmäßiges Fahren. Er quittierte nur mit einem Lachen und soll geäußert haben:"Heut fahr ich das Zügel zum Teufel." Darauf verließ eine Anzahl der Mitfahrenden bereits in Rothenkirchen den Zug. Der Lokomotivführer machte seine Äußerung wahr, indfem er auf der abschüssigen Strecke zwischen Rothenkirchen und Bärenwalde nicht bremste. In der Kurve zwischen dem Queck'schen und Schumann'schen Grundstücken, wo der Wanderer den schönsten und umfassendsten Blick auf Bärenwalde hat, bremste der Lokführer zwar die Lokomotive, aber nicht die durch Fallbremse zu bedienenden Wagen. Infolgedessen rasten die nicht gehemmten Wagen im bisherigen Tempo auf die Lokomotive und schleuderten diese aus den Schinen und zwar so heftig, daß sie, 40 m vom Bahnkörper entfernt auf einem Stoppelfeld liegen blieb. Bei dem Überschlag hatte sich die Esse der Lokomotive derart in das Erdreich gebohrt, daß die eingerammte Erde nicht mit einem Spazierstock herausgestochen werden konnte. Die nachfolgenden Wagen schoben sich krachend ineinander, der zweite fuhr auf den ersten so auf, daß die Wände zersplittert auf die Seite fielen und der erste einem Langholzwagen glich. Die Bewohner des Dorfes hörten den furchtbaren Krach, beobachteten das Verlöschen der Maschinenlichter und vernahmen im gleichen Augenblick das Klagegeschrei der Verletzten. Im Dorf wurde sofort alamiert. Feuerwehr und andere Helfer eilten zur Unfallstelle. Das Unglück hatte auf der Stelle drei Tote gefordert. Viele Schwerverletzte wurden auf Wagen und Tragen in die einzelnen Häuser des Dorfes gebracht. Insgesamt wurden noch 63 Verletzte gezählt. Bald traf ein Hilfszug aus Kirchberg ein. Alle Häuser des Oberdorfes waren mit Verletzten belegt. Die Nachricht vom Eisenbahnunglück verbreitete sich naturgemäß sehr schnell, so daß am nächsten Tag ein Strom von Neugierigen durch Bärenwalde zur Unglücksstelle zog, wie ihn das Dorf wohl noch nicht erlebt hatte und seither nicht wieder gesehen hat. Die Bäcker- und Fleischerläden waren ausverkauft. Es war ein Glück, daß die Ernte auf den von Menschen überfluteten so gut wie eingebracht war... (Chronik von Bärenwalde)