Die Figur in Groß-Gerau erinnert an die Zeiten vor der öffentlichen Stromversorgung. Schon damals spielten Gas- oder Ölkosten eine Rolle. Während die Laternen leuchteten, drehte einst der Laternenanzünder seine Runden, um sicherzustellen, dass etwa der Wind keine Lampe ausblies. Daran erinnert die Skulptur. (Foto: Samantha Pflug)
Ohne den Laternenanzünder, der Nacht für Nacht an allen Ecken der Stadt die Gaslaternen entzündete, wäre es bis ins Jahr 1905 in Groß-Gerau stockfinster gewesen: Die Bronzeskulptur des Laternenanzünders Ecke Darmstädter und Frankfurter Straße, installiert unter einer Straßenlampe, die freilich den Dienst des Lampenmannes nicht mehr nötig hat, erzählt von der Zeit, als Gas- oder auch Öllampen unter ihrer entrußten und geputzten Glashaube eine nach der anderen entzündet wurden.
Zu jeder Jahreszeit und bei Wind und Wetter war der Laternenanzünder unterwegs, während andere schliefen. Wie lange die Straßenlaternen Licht spenden sollten, war im Leuchtkalender festgelegt – von November bis April konnte das Anleuchten bereits um 5 Uhr abends geschehen, im Sommer mochte die Kirchturmuhr zehn geschlagen haben, bevor der Laternenanzünder für Nachtbeleuchtung sorgte: Gas- oder Ölkosten zu sparen, wurde in den Stadtkassen schon damals beachtet. Während die Laternen leuchteten, drehte der Laternenanzünder seine Runden, um sicherzustellen, dass etwa der Wind keine Lampe ausblies, Unwetter keine herabfallen ließ oder Spitzbuben keine mutwillig zerstörten. Wie der Nachtwächter, so trug auch der Laternenanzünder eine hohe Verantwortung.
Museumsleiter Jürgen Volkmann referiert zu den Anfängen der Stromversorgung: „Groß-Gerau bekam kurz nach 1900 eine öffentliche Stromversorgung. Zwar hatte die 1883 gegründete Zuckerfabrik einen Stromgenerator, aber für die Privathaushalte stand erst Strom zur Verfügung, als man 1905 mit Michael Lämmermann in der Frankfurter Straße einen Vertrag schloss und er die Stadt mittels Dampfmaschine mit Strom versorgte.“ Zuvor seien zwar bei Nacht auch die Nachtwächter patrouilliert, doch habe das Sicherheitsbedürfnis auch innerstädtische Beleuchtung erfordert. „Sie wurde mit Gas vorgenommen: Der Laternenanzünder zündete das Licht bei Einbruch der Dunkelheit an und löschte es, wenn der Morgen dämmerte.“ Lampenwärter, Laternenanzünder, Laternenknecht, Lampenversorger, Lampenmann – all dies waren gängige Begriffe für einen längst verschwundenen Beruf.
Quelle: Groß-Gerauer Echo 17.09.2022